Jedes Jahr Ende August füllen sich die Gassen von Grado mit weißen Kitteln – off duty, versteht sich. Sie spazieren, plaudern, trinken einen Kaffee am Hafen. Manche erkennt man sofort: Namensschild um den Hals, Notizblock in der Tasche, vertraute Begrüßungen.
Es sind die Teilnehmer des Internationalen Ärztekongresses, organisiert vom Collegium Medicinae Italo-Germanicum.
Eine Veranstaltung, die es seit 1969 gibt, als die ersten deutschsprachigen Ärztinnen und Ärzte auf die Insel kamen, um sich fortzubilden, auszutauschen – und, ja, auch um durchzuatmen.
Grado war damals wie heute der ideale Ort dafür: überschaubar, lichtdurchflutet, ruhig zur rechten Zeit. Die Seminare fanden sogar im Freien statt, im Parco delle Rose, begleitet vom Vogelgesang. Man sagt, dieser sei irgendwann so dominant geworden, dass kurzerhand ein Kongresszentrum gebaut wurde.
Seitdem sind Generationen von Ärztinnen und Ärzten gekommen – viele kehren zurück, oft mit der Familie. Für manche ist es Tradition, für andere eine wohltuende Auszeit vom schnellen Alltag. Zwischen den Vorträgen trifft man sich zum Abendessen, besucht Ausstellungen, diskutiert – oft über Medizin, aber nicht nur.
Neben dem traditionsreichen Kongress gibt es inzwischen auch die „Ärztetage Grado“ organisiert vom der Österreichischen Ärztekammer – 2025 bereits zum 34. Mal. Zwei Veranstaltungen, von einander unabhängig, aber verbunden durch dasselbe Motiv: sich Zeit zu nehmen – fürs Lernen, fürs Miteinander, fürs Innehalten.
Grado bietet dafür weiterhin den richtigen Rahmen. Still, beständig, ohne viel Aufhebens – wie eine kleine Gewohnheit, die sich Jahr für Jahr neu bewährt.